Ich möchte diesen kleinen Menschen nicht mehr missen. Er macht uns komplett. Ich bin so dankbar, dass wir dieses Glück erleben dürfen.“

Anna Frings

 

 

KKF-Mitglied Anna Frings beschreibt Ihr neues Familienleben mit dem Wunder Johann

 

Als ich an meinem letzten Arbeitstag vor Beginn meines Mutter­schutzes im Klassenraum meines drittes Schuljahres stand, gingen mir tausend Gedanken durch den Kopf. Ein ganzes Jahr sollst du jetzt zu Hause bleiben. Ohne den Schultrubel. Ohne die Kinder deiner Klasse. Ohne Arbeitsalltag. Hältst du das über­haupt durch? Ein Jahr ohne Arbeit? Meine Abschiedsfeier war sehr emotional. Meine Schüler weinten, einige Mütter auch unendliche Leere in mir.

Ich machte mir Mut – die Aufgabe, die auf mich wartete, war ja schließlich ein ganz wunderbare. So sagte es mir jedenfalls jeder, der Kinder hat. In den letzten Wochen meiner Schwanger­schaft lenkte ich mich mit verschiedenen Dingen ab. Nähte, machte kleinere Ausflüge und gestaltete das Kinderzimmer. Die Freude war riesengroß. Ich konnte es kaum erwarten.

Und dann war er da: der bedeutendste Tag in meinem Leben. Unser Sohn Johann wurde geboren. Alle Berichte und Erzäh­lungen kommen diesem Gefühl nicht annähernd so nahe als wenn man es selbst erlebt. Es ist wie Zauberei. Und obwohl ich ihn nicht kannte, nicht wusste wie er aussieht, war mir vom ersten Moment an klar: Für den gebe ich alles. Solch einen Zauber habe ich noch nie zuvor verspürt. Ich war unendlich stolz auf Johann, meinen Mann und mich selbst, dass wir das so gut gemeistert haben. Nach drei Tagen durften wir endlich nach Hause. Alltägliche Dinge wurden zu einem großen Abenteuer: Autofahren, Einkau­fen gehen, duschen, Wäsche waschen, kochen, Arzttermine wahrnehmen und so weiter.

Wir genossen die ersten Wochen zu dritt, umso mulmiger war mir zumute, als mein Mann wieder arbeiten musste. Schaffst du den Alltag mit Baby allein? Gleichzeitig vertraute ich mir selbst. Na klar schaffst du das! Verlasse dich auf dein Bauchgefühl.

Ja, das berühmte Bauchgefühl hat mich bis heute nicht verlas­sen. Alle Ratgeber und Tippbücher über das Leben mit Baby stehen immer noch unangerührt im Bücherregal. Ich vertraue voll und ganz auf das, was meine innere Stimme mir sagt und bin bis jetzt, ein halbes Jahr nach Johanns Geburt, ganz gut damit durchgekommen.

Und was soll ich zu meinen anfänglichen Bedenken sagen? Ich vermisse meinen Job nicht so sehr wie ich gedacht habe. Ich genieße den Alltag mit Baby, mache viele Unternehmungen, treffe mich mit anderen Müttern und deren Kindern. Plötzlich finde ich Zahnpasta auf dem T-Shirt gar nicht mehr so schlimm, eine zerzauste Frisur nur halb so tragisch und eine Nacht mit dreimal Aufstehen nicht der Rede wert. Meine Prioritäten haben sich verschoben. Ich möchte diesen kleinen Menschen nicht mehr missen. Er macht uns komplett. Ich bin so dankbar, dass wir dieses Glück erleben dürfen.

Anna Frings

 

 

 

Fotos: Katharina Gehrmann